Neue Wege in der Gemeindeleitung
gemeinsam sorgen, gemeinsam leiten, gemeinsam Kirche sein
Die Grundlage
„Ihr seid Gottes Bau“, lesen wir im Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth. Als „lebendige Steine“ bilden wir gemeinsam die Kirche, Frauen und Männer, Jugendliche und Kinder. Dieses Kirchenbild ist seit dem II. Vatikanischen Konzil leitend, die Bischöfe haben sich zuletzt in ihrem Wort „Gemeinsam Kirche sein“ darauf bezogen. Taufe und Firmung bilden dafür die Grundlage, mehr noch – durch sie haben wir alle Anteil an dem einen Leitungsdienst der Kirche.
Wir sind froh und stolz, dass sich all dies in unserer Synodalordnung abbildet. Gemeinsam mit dem Pfarrgemeinderat leitet der Pfarrer (und mit ihm das Pastoralteam) die Pfarrei. Soweit die Theorie – sieht es auch in der Praxis so aus? Geschieht im PGR echte Leitung – oder werden nicht viele Richtungsentscheidungen im Dienstgespräch der Hauptamtlichen getroffen?
Und braucht es überdies nicht noch Perspektiven weiterer?
Die Idee
In St. Birgid wollen wir wirklich – und nicht nur theoretisch – gemeinsam leiten und Partizipation ernst nehmen. Dafür reichen jedoch die PGR-Sitzungen nicht aus, und ein noch häufigerer Turnus wäre für einige der gewählten Mitglieder nicht machbar. So haben wir beschlossen: Alle vier Wochen findet ein „Großes Dienstgespräch“ statt, wo alle anstehenden Themen besprochen werden, gemeinsam von Pastoralteam (multiprofessionell dank unseres Sozialarbeiters), PGR-Vorstand, einer Kita-Leiterin, Kirchenmusikern, und ggf. weiteren wie Religionslehrern und anderen. So geschieht echte Partizipation, die ausstrahlt, und alle weiteren Schritte (u.a. welche Gremien wie eingebunden werden) werden gemeinsam getroffen.
Die Entstehung
Maßgeblich beteiligt für die Entstehung der Idee waren die gemachten Erfahrungen im Pfarreiwerdungsprozess, der von Anfang an auf große Partizipation angelegt war. So haben über 75 Ehrenamtliche in 12 Projektgruppen die Pfarreiwerdung nicht nur formal gemeistert und das dafür Notwendige beschlossen, sondern von Anfang an auch inhaltlich gearbeitet. So wurde in verschiedenen Projektgruppen schnell klar: Im Miteinander liegt ein Mehrwert, wir erreichen mehr, und auf Augenhöhe macht es Freude.
Seitens der Hauptamtlichen ist für dieses Modell notwendig, sich als ein Team zu begreifen, dass gemeinsam auf Pfarreiebene wirkt, d.h. dass jeder in seinen jeweils unterschiedlichen kategorialen Schwerpunkten (Erstkommunion, Firmung usw.) wie in den gemeinsamen (u.a. Beerdigungsdienst, Verkündigung) in allen Orten präsent ist. Unbeschadet dessen tragen wir weiter Sorge dafür, dass die Gemeinden vor Ort hauptamtliche Begleitung und Unterstützung erfahren.
Die Umsetzung
Etwa einmal im Monat, dienstags, treffen wir uns um 18,30 Uhr zur gemeinsamen Feier der Abendmesse. Hier lesen wir gemeinsam das Evangelium des Tages und teilen die Gedanken und Sätze, die uns wichtig sind. Im Anschluss kommen wir im Sitzungssaal zusammen und besprechen alles, was für unsere Pfarrei wichtig ist. Ein kleiner Abendimbiss schafft angenehme Atmosphäre, unsere Bürokoordinatorin führt das Protokoll. Bereichernd ist stets, dass auch scheinbar unspektakuläre Punkte zuweilen durch die jeweils anderen Perspektiven in neuem Licht erscheinen.
Die Herausforderung
Es braucht Bereitschaft, sich auf diesen Weg einzulassen – sowohl auf Seiten der Hauptamtlichen, dass das Dienstgespräch gut alle vier Wochen am Abend stattfindet, als auch auf Seiten der Ehrenamtlichen, für die teilweise auch ein Arbeitstag vorangegangen ist. Dass sich die Runde zuweilen verändert, größer ist, einzelne mal nicht können und von anderen vertreten werden, erscheint mehr als Bereicherung denn als Schwierigkeit.
Die Perspektive
Ausgehend von der Haltung, gemeinsam durch Taufe und Firmung gesandt zu sein, Kirche (vor Ort) zu sein und daran zu bauen, wollen wir dies auch in anderen Feldern erproben. Während die verantwortliche Mitarbeit in der Sakramentenvorbereitung (Taufe, Firmung, Erstkommunion) wie fast überall längst selbstverständlich ist, ist das große Feld der Trauerpastoral unser aktuelles Projekt. Hier wollen wir gemeinsam ein Trauerkonzept auf den Weg bringen, in dem sich Ehrenamtliche in der für sie geeigneten Weise einbringen können – sei es als Trauerbegleiter, im Trauercafé oder (nach Ausbildung und Beauftragung) im Beerdigungsdienst. Weitere Felder werden sicher folgen – so viele Charismen sind vorhanden…
Ausblick
„Aus vielen Menschen entsteht Gemeinde, da lebt und stirbt man nicht allein.“ – Was wir so im Lied singen, soll sich in unseren Gemeinden und in unserer Pfarrei St. Birgid abbilden. Wir wollen gemeinsam Kirche sein, insbesondere für Menschen in Krisensituationen wie Sterben und Tod, an dieser Kirche weiter bauen, unsere Charismen leben und so gemeinsam Freude und Trauer teilen – und unseren Glauben. Gerne stellen wir unsere Erfahrungen der Partizipation, Kirchenentwicklung und Vernetzung im Bereich der skizzierten Felder der Trauerpastoral Interessierten im Bistum zur Verfügung.
Pfarrer Frank Schindling
Ein neues Konzept für die Trauerseelsorge: trauerpastoral-st-birgid-projektskizze