Aktueller denn je: Das Leben von Pater Richard Henkes  

„Wer würde sich für jemanden opfern? Wer würde das tun?“ Gleich zu Beginn des Theaterstücks „Abgerungen“ wandte sich Darsteller Frank Musekamp in der Bierstadter Kirche St. Birgid direkt an sein Publikum und konfrontierte es mit zwei Fragen, die jeder im Stillen für sich beantworten sollte. Musekamp spielte einen Autor, der sich zunächst wegen des Geldes mit dem Leben von Pater Richard Henkes auseinandersetzte, um ein Stück über ihn zu schreiben, sich dann jedoch mehr und mehr von der Persönlichkeit des Pallottinerpaters fasziniert zeigte.

Foto: Archiv der Pallottiner, Limburg

Der 1900 in Ruppach geborene und 1925 zum Priester geweihte Henkes nahm in seinen Predigten kein Blatt vor den Mund, kritisierte das Vorgehen der Nazis und der Gestapo und legte sich furchtlos mit den Mächtigen seiner Zeit an. Henkes blieb kompromisslos bis in die Gefangenschaft. Am 8. April 1943 wurde er in Branitz/Oberschlesien verhaftet und zunächst in Ratibor gefangen gehalten. Am 10. Juli 1943 wurde Henkes ins KZ Dachau eingeliefert. Ende des Jahres 1944 ließ er sich in die Baracke der Typhuserkrankten einschließen, um diese zu pflegen. Nachdem er sich kurz darauf selbst ansteckte, starb er am 22. Februar 1945.

In Zeiten der Corona-Pandamie, in der sich viele durch die Maskenpflicht in ihren Freiheitsrechten beraubt sehen und wenig Rücksichtnahme Kranken und Schwachen gegenüber aufbringen, erhielt das Stück, das von Boris Weber eigentlich anlässlich der Seligsprechung des Pallottinerpaters vor einem Jahr geschrieben wurde, eine ganz aktuelle Dimension. Der Titel des Stücks „Abgerungen“ gibt wieder, dass Henkes trotz seiner Ängste seinen Überzeugungen treu blieb – erst bis in die Gefangenschaft und dann sogar bis in den Tod. „Einer muss doch die Wahrheit sagen“, so ein Ausspruch Henkes, den Musekamp ebenso rezitierte wie Briefe, die Henkes aus der Gefangenschaft schrieb. „Machen können wir nichts, wir können uns nur auf den Herrgott verlassen“, sprach der junge Autor die Worte seines Vorbilds aus, das sich in grenzenlosem Gottvertrauen 1944 in die Typhusstation einsperren ließ, um für seine Mitmenschen da zu sein.

„Wie würden Sie entscheiden?“, fragte am Ende auch Pastoralreferent Jürgen Otto von der Erwachsenenbildung St. Birgid den Mundschutz nicht nur symbolisch tragend in die Runde. Er dankte Musekamp für sein beeindruckendes Spiel und Sonja Kirst von der WeG Initiative Vallendar, die das Stück in Auftrag gegeben hatte und bei der Aufführung anwesend war. Für ihn sei es auch deshalb ein besonderer Abend, weil sich die Kirche wieder für Veranstaltungen öffne. „Ich bin froh darüber“, so Otto.

Text/Foto: Anne Goerlich-Baumann