Zum Thema: Der Segen und die Kirche

Standpunkt von Pfarrer Frank Schindling

Es gibt innerhalb der katholischen Kirche und den Menschen, die sich ihr zugehörig fühlen, zu vielen Themen die unterschiedlichsten Meinungen. Das ist gut so, zeigt eine gewisse Spannbreite und Dynamik und gilt freilich auch für die Frage, ob denn gleichgeschlechtliche Paare für ihre Lebensgemeinschaft auf Gottes Segen hoffen dürfen oder nicht. Ebenso für die Frage, inwiefern es für Menschen, die eine gescheiterte Ehe hinter sich haben und in einer neuen Beziehung einen Neuanfang wagen, Gottes Segen geben kann. Jede begründete Meinung hierzu verdient Respekt und ist sicher aus der jeweiligen Perspektive nachvollziehbar. Dass das Ringen um diese brennenden Fragen, dass der Diskurs jedoch einfach per Dekret durch die Glaubenskongregation abgebügelt wird, muss für Millionen Menschen wie ein Schlag ins Gesicht sein.

Ich bin davon zutiefst überzeugt, dass Gott alle Menschen bedingungslos liebt und ihnen Segen schenken will, wenn sie gemeinsam in Liebe und Verantwortung durchs Leben gehen wollen. Dass die Kirche diesen Segen zu verwalten beansprucht und vor allem die Art und Weise, in der sie hier agierte und agiert, halten viele für problematisch. In der Geschichte unserer Kirche wurden gar Waffen und Kanonenkugeln gesegnet. Segnungen von Tieren, Maschinen und Geräten, Straßen und Brücken, ja sogar „jeglicher Dinge“ sind im aktuellen „Benedictionale“, dem gültigen Segensbuch der Kirche vorgesehen. Und was ist mit Menschen, die einander lieben – auch wenn es eine gleichgeschlechtliche Liebe ist oder eine, der eine gescheiterte Ehe vorausgeht?

Meiner inneren Überzeugung folgend habe ich auf Facebook folgenden Kommentar geschrieben, der schnell eine große Resonanz hervorgerufen hat:

Kurz nach meiner Priesterweihe wurde ich im Westerwald gebeten, eine Biogasanlage zu segnen. Da stand ich nun also, die bei der Vergärung und Verwesung entstehenden Gase vor mir, Stola, Weihwasser und das Buch der Kirche für Segnungen in der Hand. So eine Segnung scheint eine Handlung nach Gottes Heilsplan zu sein.
Ein paar Jahre später. Immer wieder begegne ich nun Menschen, die in gleichgeschlechtlicher Beziehung leben – und sich kirchlichen Segen wünschen. Was sag ich denen? Dass ihre Liebe nicht nach dem der Glaubenskongregation in Rom offensichtlich vorliegendem Heilsplan Gottes ist? Dass so ´ne Biogasanlage leider mehr Segen verdient? Die Sache stinkt zum Himmel.
Was mir Mut gibt? Die Jugendlichem z.B., die sich in unserer Pfarrei St. Birgid Wiesbaden im „AK (Arbeitskreis) Jugend“ engagieren (und denen ich immer versucht habe, einen grenzenlos liebenden Gott zu vermitteln), wollen das nicht hinnehmen, überlegen Aktionen, um zu zeigen, dass „ihre“ Kirche anders ist. Und ich will das auch nicht einfach hinnehmen. „Meine“ Kirche ist auch anders – nämlich derart, dass Menschen, die lieben, auch Gottes Segen in einer Feier geschenkt werden darf. Egal, ob das eine gleichgeschlechtliche Liebe ist oder eine, bei der irgendwer schon irgend eine Partnerschaft vorher hatte, sog. wiederverheiratete Geschiedene. Jesus richtet nicht – er richtet auf.
Einen Kuhstall mistet man von innen aus. Ich hoffe, die deutschen Bischöfe und (wir) alle in dieser Kirche geben eine deutliche Antwort.

Frank Schindling

Das Pastoralteam und der Vorstand des Pfarrgemeinderates St. Birgid unterstützen Pfarrer Frank Schindling und seine Position vollumfänglich.

 

Foto: SatyaPrem auf Pixabay