Trauernden zur Seite stehen
In der Pfarrei St. Birgid sind Ehrenamtliche zur Trauerbegleitung qualifiziert worden
Christine Klaus ist eine von ihnen
„Nach der Beerdigung fällt man in ein tiefes Loch“, sagt Christine Klaus. Die 65-Jährige weiß das aus eigener Erfahrung. Sechs Jahre ist es her, dass ihr Mann plötzlich gestorben ist. Die Zeit bis zum Begräbnis habe sie noch mehr oder weniger souverän gemeistert, erinnert sich die pensionierte Kriminalbeamtin. Bis dahin sei schließlich viel zu organisieren, das halte einen fest im Griff. „Aber dann kommt der Alltag und die Endgültigkeit des Todes muss akzeptiert werden.“ Dass sie in dieser schmerzlichen Zeit von ihren Freunden und in der Kirchengemeinde aufgefangen worden ist, dafür ist die langjährige Pfarrgemeinderatsvorsitzende von St. Birgid sehr dankbar. Auch deswegen möchte sie jetzt selbst Menschen auf dem Weg des Abschiedsnehmens und der Trauer begleiten. Qualifiziert worden ist sie für diesen Dienst zusammen mit weiteren Ehrenamtlichen im Rahmen des Pilotprojektes „Tote bestatten und Trauernde trösten“ in ihrer Pfarrei.
Zuhören können und Launen aushalten
Zuhören können, Geduld mitbringen, Gefühle nicht klein reden und auch mal Launen aushalten: Das sind für sie wichtige Voraussetzungen, um einen Trauernden zu unterstützen. Wie jemand mit seiner Trauer umgeht, ist dabei aber so unterschiedlich wie die Menschen selbst, sagt sie: „Die einen reden ohne Punkt und Komma, andere ziehen sich zurück.“ Gerade begleitet sie eine ältere Witwe in der Nachbarschaft, die gerne erzählen möchte und dafür unter anderem die gemeinsamen Fahrten zum Trauerwald nutzt. Ganz anders der junge Mann, dessen Mutter gestorben ist, und den sie schon bei der Gestaltung der Trauerfeier unterstützt hat. Seitdem hält sie Kontakt zu ihm, meldet sich regelmäßig telefonisch. „Wir sprechen dann meist gar nicht so lange und bleiben eher an der Oberfläche, aber ich hoffe, ihm trotzdem Rückhalt geben zu können“, sagt sie. Menschen in ihrer Trauer auch nach der Beerdigung nicht alleine lassen, ihnen ein „Wir sind da, wir haben Dich im Blick“ signalisieren, aber niemanden bedrängen: So beschreibt sie das Angebot, das es in der Pfarrei bisher noch nicht gab.
Von hauptamtlichen Seelsorgern sei ein solcher Dienst auch gar nicht leistbar, unterstreicht Pastoralreferent Stephan Lechtenböhmer. „Für eine Nachsorge haben wir keine Ressourcen“, sagt er. In der Regel gebe es nach dem Trauergespräch und der Beerdigung keinen Kontakt mehr zu den Hinterbliebenen. Dass es genau dafür aber einen großen Bedarf gibt, war in der Pfarrei beim „Tag für alle“ 2017 sichtbar geworden. Gemeindemitglieder berichteten damals, wie sie selbst Trauer erlebt hatten und was ihnen bei der Bewältigung wichtig war. Einige bekundeten schon zu diesem Zeitpunkt ihr Interesse, sich ehrenamtlich in diesem Bereich zu engagieren.
Neue Wege in der Trauerpastoral
Im Rahmen des Pilotprojektes, mit dem das Bistum Limburg neue Wege in der Trauerpastoral gehen will, absolvierten schließlich acht Frauen aus der Pfarrei einen Ausbildungskurs. Sechs von ihnen sind nicht nur in der Trauerbegleitung, sondern auch im Beerdigungsdienst tätig. Tote bestatten und Trauernde trösten war in den frühchristlichen Kirchen ein selbstverständlicher gemeinsamer Dienst, sagt die Theologin Dr. Susanne Gorges-Braunwarth. Bei der Abteilungsleiterin Pastoral in Netzwerken im Bistum Limburg laufen die Fäden für das zunächst befristete Projekt zusammen. Auch der Beerdigungsdienst ist, so erklärt sie, nicht an ein Weiheamt gebunden, sondern steht als „Werk der Barmherzigkeit“ grundsätzlich allen Getauften offen.
Um die Akzeptanz in der Gemeinde und seitens der Angehörigen müsse man sich keine Sorgen machen, berichtet Stephan Lechtenböhmer. Die Rückmeldungen aus der Pfarrei St. Birgid seien jedenfalls durchgehend positiv, auch wenn mancher Einsatz corona-bedingt ausgebremst worden sei. „Insgesamt erfahren wir das als große Bereicherung“, zeigt sich der Pastoralreferent sehr überzeugt von dem ehrenamtlichen Engagement. Er hofft daher, „dass das Ganze Schule macht.“
Trauerspaziergänge und ein Trauercafé
Christine Klaus und ihre Mitstreiterinnen haben jedenfalls bereits eine ganze Reihe von Ideen, wie sie in Zukunft Trauernde auch nach der Beerdigung unterstützen wollen. Gedacht ist an Trauerspaziergänge, die für alle offen sind. Gefeilt wird zudem an dem Plan, einmal im Monat zu einem Trauercafé einzuladen. Zudem soll die Werbung für die individuelle Begleitung intensiviert werden, unter anderem wird es einen Flyer geben, der im Trauergespräch überreicht werden kann.
Trauernde, die sich eine Begleitung oder einfach nur ein Gespräch wünschen, können sich unter der Rufnummer 061 22/58 86 70 im Zentralen Pfarrbüro melden.
Text/Foto: Barbara Reichwein/Bistum Limburg