Gemeindefahrt bei Kaiserwetter

Gemeindemitglieder erkunden Tschechien

27 Mitglieder fanden sich zur ersten Gemeindefahrt unserer Pfarrei mit Pastoralreferent Jürgen Otto ein. Mit dem Reisesegen ging es mit dem Bus von Erbenheim ohne Komplikationen bis nach Cheb, Eger in Tschechien. In dieser Stadt mit ihren bunten Fassaden und fast tausendjähriger Geschichte war unsere Unterkunft für die nächsten vier Tage.

Mit dem monumentalen Zeittor, das anlässlich der 950-Jahr-Feier der Stadt im Jahr 2011 errichtet wurde, begann der Stadtrundgang mit Olina, unserer Reiseleiterin. Von ihr bekamen wir jede Menge Informationen über Egers Geschichte und Bauten, sowie deren berühmte Besucher: So waren Barbarossa, Goethe, Schiller, Wallenstein, Pachelbel und noch viele andere Berühmtheiten zu Lebzeiten hier unterwegs.

Auf dem schön angelegten Marktplatz war der Rolandbrunnen mit dem Ritter Roland und dem Jungen mit Schwert in der Hand und Kopf auf der Schulter als Zeichen für das Halsrecht zu bestaunen. An einer Havelbank – zwei Stühle und ein Tischchen rund um eine Linde herum, mit roten Herzchen verziert – blieben wir stehen: Diese Kunstwerke finden sich überall in den Städten Tschechiens wieder, so sind sie nicht nur zum Zweck des Ausruhens aufgestellt worden, sondern dienen auch zur Erinnerung an Václav Havel, den ehemaligen tschechischen Präsidenten.

Beeindruckend war die Geschichte der Kirche St. Nikolaus, deren langen Türme man bereits von weit vor den Stadttoren sehen kann. Das Besondere an diesen Türmen: dreimal bekam diese Kirche bereits ihre Türme. Beim Errichten der Kirche, nach einem Brand im Jahre 1742 Zwiebeltürme von Balthasar Neumann und zuletzt nach der Bombenzerstörung im Jahr 1945 wieder im alten, gotischen Stil.

Maria Loreto, die Wallfahrtskirche lag auf unserem Weg nach Franzensbad. Diese restaurierte Kapelle und deren Kreuzweg mit den 29 Stationen lud zum Innehalten und Gebet ein. Die Akustik der Kirche war so hervorragend, dass spontan ein paar Lieder angestimmt wurden.

 

Die freundlichen kaisergelb- weißen Häuserfassaden der Stadt Franzensbad und deren mittlerweile autofreie Hauptstraße, die mit großen Palmen geschmückt als Vegas bezeichnet wird, laden zum Flanieren ein- hatten wir doch sogar Kaiserwetter mit strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel als Geleit. Da kann man schon verstehen, warum es unter Beethoven, Mozart und Strauss auch Goethe mehr als dreißigmal hier her zog.

Die geschichtlich noch recht junge Stadt, ist durch ihre 23 kalten Heilquellen für viele an Magen-Darm- oder Herz-Kreislauf- erkrankte Kurgäste Herberge und auch als Frauenheilbad bekannt. Sowohl die Trinkquellen, als auch die Moor- und CO²- Bäder für die Durchblutung sind in einzelnen Badehäusern und Wandelhallen teilweise der Öffentlichkeit direkt zugänglich und so konnte, wer wollte, das Wasser in kleinen Dosen kosten. Seit Juli 2021 ist Franzensbad auf der Liste des Unesco Welterbes der „Great Spas of Europe“ aufgenommen.

Mit original böhmischer Küche und Pivo ließen wir diesen informationsreichen Tag mit von Reinhold Nebel gitarrenbegleiteten Volksliedern ausklingen und wir fielen alle in einen traumlosen Schlaf.

Rund ging es am zweiten Morgen: Zweimal durch den Kreisel, am Mittelpunkt Europas, dem Tillenberg vorbei, über die Eger in Richtung Waldsassen auf die deutsche Seite des Stiftsland im Oberpfälzer Wald, Bayern-Böhmen. Vor Eintritt in die Stiftskapelle jedoch eröffneten wir mit einem von Heribert Kleber gegebenen Impuls den Tag in Erinnerung an den 30.September 1938, den Tag der Unterzeichnung des Münchener Abkommens, und dem Einmarsch der deutschen Truppen am darauffolgenden Tag.

Auf der Weiterfahrt nach Tirschenreuth fuhren wir durch tiefe Nadelwälder und an riesigen grünen Wiesen vorbei, währenddessen erfuhren wir von unserer Reiseleiterin die Unterschiede zwischen Karlsbader und Marienbader Oblaten und dass dieser Landstrich das Land der tausend Teiche genannt wird. In Wirklichkeit sind in der Gegend von Tirschenreuth tatsächlich über 4000 Teiche zur Karpfenzucht angelegt. Diese Karpfenzucht spielt in Deutschland eine große Rolle und deckt 50% der gesamten deutschen Zuchtgebiete.

Unterwegs machten wir noch einen Halt in Wondreb, um die Totentanzkapelle mit ihren teilweise skurrilen Deckenmalereien zu betrachten. Die Orgel in der danebenstehenden Kirche Mariä Himmelfahrt aus dem 12. Jahrhundert war zugänglich und so konnten wir in Orgelbegleitung aus dem Gotteslob etwas singen. Bei der Mittagspause in Tirschenreuth strahlte die Sonne in herbstlichem Glanz und nach der Besichtigung der Basilika führte uns der Weg nach Kappl in die Dreifaltigkeitskirche, in der wir Dank Pfarrer Michael als Zelebrant einen großartigen Gottesdienst feiern konnten. Reinhold Nebel begleitete souverän auf der Gitarre den kräftigen Gesang der Fahrtteilnehmer. Bei Gulasch, Couscous, Käseplatte, leckerem Pivo und Becherovka entwickelten sich am Abend hervorragende Gespräche, bei einigen sogar bis tief in die Nacht.

Beschwingt starteten wir am dritten Tag mit dem Bus nach Karlsbad. Unterwegs erhielten wir von Olina interessante Informationen über die Tschechische Republik.

In Karlsbad gibt es 80 Heilquellen, von denen 12 zur Trinkkur, insbesondere bei Magen-Darm-Erkrankungen eingesetzt werden. Die wärmste Quelle, der Sprudel, hat mehr als 73 °C und entspringt als Geysir mitten im Karlsbader Stadtzentrum.

Nach einer schönen Mittagspause im Antonin Dvorák–Park brachen wir in Richtung Loket (Elbogen) auf. Diese schöne Stadt liegt auf einem Felsvorsprung, wird an drei Seiten von der Eger umsäumt und gilt mit ihrer hübschen mittelalterlichen Burg als eine der schönsten Städte Tschechiens überhaupt. Da an diesem Tag Weinfest war, war der Weg auf die Burg jedoch nicht passierbar, ohne Eintritt zahlen zu müssen. Trotzdem verbrachten wir einen sehr schönen Nachmittag in dieser schönen Stadt, die nicht nur wegen Goethe und Ulrike oder James Bond bekannt ist, sondern auch einen  geschichtlichen Aspekt der Weltgeschichte trägt: im Hotel „Weißes Ross“ wurde am 8. Mai 1945 mit General George A. Taylor als Zeugen von General Herbert Osterkamp die Kapitulation des 12. Armeekorps unterzeichnet.

Nach einer gemeinsamen Abendandacht im Sonnenuntergang mit Blick auf den Schneeberg klang der Abend mit dem anschließenden Abendessen und gemütlichem Beisammensein in der Westernbar aus.

Mit der Geschichte zweier Hunde im Tempel ging es nach Marienbad. Diese Stadt, erst 1808 gegründet, besitzt 140 Quellen, von denen 40 zur Kur und 8 davon zur Trinkkur eingesetzt werden. Die älteste Quelle, die Marienquelle sorgte für die Namensgebung der Stadt. An der singenden Fontäne wurden wir mit der Forrest Gump Suite begrüßt, der Springbrunnen sprudelte jeweils im Takt. Daneben durchquerten wir die Wandelhalle, in der die Trinkquellen früher auch für Tagestouristen zugänglich waren. Doch leider ist sie mittlerweile nur noch als Einkaufshalle und für Restaurants verwendet, die drei wichtigsten Quellen der Stadt jedoch sind in einem kleinen Anbau daneben in einer gemeinsamen Trinkhalle vereint und noch frei zugänglich. Nach einem Gruppenfoto an diesem wunderschönen Ort hatten wir die Möglichkeit, uns in Marienbad frei zu bewegen, was alle Teilnehmer individuell für sich auch mit einem Spaziergang oder einem Mittagessen in der Sonne zelebrierten.

Die Besichtigung des Kloster Teplà stand auf der Rückfahrt zum Hotel noch auf unserer „must have seen“- Liste. Die unter Denkmalschutz stehende Abtei, die heute noch von 6 Ordensbrüdern des Prämonstratenser- Ordens betrieben wird, wurde im 12. Jahrhundert von Hroznata gegründet und diente nach dem zweiten Weltkrieg bis 1978 der tschechischen Armee als Militärkaserne. Ziemlich heruntergekommen begann man 1990 mit der Sanierung und Restaurierung dieser Anlage, 2008 wurde Teplá zum nationalen Kulturdenkmal erklärt. In der Klosterkirche trug Johannes Püschel in schlanker, solistischer á capella- Version „Verleih uns Frieden“ von Felix Mendelssohn Bartholdy vor und wir stimmten passend für solch einen Ort und für solch eine unruhige Zeit spontan in den danach angesungenen Kanon von Taizé ein.

Mit einem kleinen Spaziergang durch den Wald fanden wir uns vor dem letzten Abendessen in Böhmen am kleinen Aussichtspavillon mit Blick über die Eger zum Abendimpuls ein, bei dem die Mitfahrerinnen und Mitfahrer die Gelegenheit hatten, im gesprochenen und gesungenen Gebet für ihre erlebten Momente zu danken.

Die Heimreise erfolgte wieder bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel und wir besuchten die auf dem Weg liegende Stadt Mödlareuth. Als „Klein Berlin“ bezeichnet erlebte die Stadt am Tannbach bei der Teilung Deutschlands aufgrund der mittig verlaufenden Staatsgrenze (Thüringen und Bayern) ebenfalls eine Teilung in Ost und West und viele Familien und Freundschaften wurden damals unbarmherzig auseinandergerissen. Manche flüchteten sich noch heimlich aus den Fenstern und liefen einfach davon. Sie hinterließen ihre Häuser, und Höfe und die darin lebenden Tiere in der Hoffnung, dass sich jemand darum kümmern wird.

Nachdenklich verließen wir diesen Ort, an dem viele Erinnerungen an diese Teilung noch als Mahnmal in Form von Mauerresten, Überwachungstürmen oder auch stehen gebliebenen Drahtzäunen erhalten wurden. Nach einer Mittagsrast in Franken ging es dann ohne Pause nach Hause und in den letzten Sonnenstrahlen des Tages endete die erste Gemeindefahrt von St. Birgid wieder am Ausgangspunkt Maria Aufnahme in Erbenheim. Alle Fahrtteilnehmer waren sich beim Abschied einig: Eine Gemeindefahrt bringt zueinander und muss unbedingt wiederholt werden! Danke, lieber Jürgen Otto, dass du dich mit uns auf den Weg gemacht hast!

Text: Patricia Püschel/Foto: Olina (1), Regine Wagner (6)